Weil es uns angeht, weil wir dazugehören

"MitVerantwortung": Gesellschaftliches Engagement der Volksbank Mittelhessen

- Peter Hanker

Wissen, was man tut, für wen und wozu: Nur so lässt sich gesellschaftliches Engagement sinnvoll gestalten und glaubhaft kommunizieren. Dass ethische Grundsätze in der genossenschaftlichen Unternehmensform bereits fest verankert sind, ist hierfür eine gute Basis - nicht mehr und nicht weniger.

Im Hinblick auf die derzeitige Vertrauenskrise entwickelt dieser Aspekt jedoch eine bisher ungewohnte Eigendynamik: Abgesehen von ideellen Motiven sehen sich immer mehr Volksbanken und Raiffeisenbanken dazu aufgefordert, ihre besonderen Tugenden mit konkreten Inhalten neu und deutlich sichtbar zu beleben. Wenn Mitarbeiter und Aufsichtsräte, Mitglieder und Kunden, Geschäftspartner und Journalisten genauer hinschauen, gegebenenfalls nachhaken und unbequeme Fragen stellen, darf man den eigenen Ansprüchen nicht hinterherlaufen.

Für die Volksbank Mittelhessen wie auch für die meisten anderen genossenschaftlichen Institute sind regionale Verantwortung und Engagement schon immer wesentliche Erfolgsfaktoren. Im "Wettbewerb um Moral" hat die Volksbank Mittelhessen auch ohne großartige Veränderungen eine gute Position. Wir müssen nicht umdenken, sondern weiterdenken. Die vielfältigen Aktivitäten und Maßnahmen sollten mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen überprüft und gegebenenfalls neu ausgerichtet werden. Es muss wieder stärker in das Bewusstsein der Menschen gerückt werden, was ihre Volksbank auszeichnet.

Erst Geld, dann die Moral?

Ohne finanzielle Solidität ist gesellschaftliches Engagement kaum denkbar. Wer Gutes tun will, muss zuerst gut wirtschaften. So ähnlich wie bei Maslows Bedürfnispyramide: Erst wenn die Grundbedürfnisse befriedigt sind, kann man sich anderen Zielen zuwenden. Auf Genossenschaftsbanken übertragen heißt das: Nur wenn sie Gewinne erwirtschaften, können sie andere daran teilhaben lassen.

Obwohl dies angesichts schwindender Margen und eines harten Konkurrenzkampfs alles andere als einfach ist, gibt der genossenschaftliche Förderauftrag im Kerngeschäft die Richtung vor. Das heißt: Geld ist Mittel zum Zweck, aber dieser Zweck heiligt nicht jedes Mittel. Weil die Volksbank Mittelhessen im regionalen Wirtschaftskreislauf ihr Geld verdient, ist faires und verantwortungsvolles Handeln im Geschäftsalltag überlebenswichtig. Die Entwicklungen der globalen Finanzströme tangiert die Bank zwar auch, jedoch längst nicht so stark wie andere Institute, die überwiegend im internationalen Investmentgeschäft tätig sind.

Dieser Unterschied erklärt auch, warum das gesellschaftliche Engagement der Volksbank Mittelhessen mehr ist als bloß Imagepflege. Es ist vielmehr authentisch und letztlich eigennützig: Wir fördern den Standort und die Region, damit (auch) die Bank hier erfolgreich wirtschaften kann. Schon allein deshalb ist dieser Bereich nicht schmückendes Beiwerk, sondern fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie.

Das weitläufige Geschäftsgebiet umfasst sowohl Universitätsstädte als auch sehr kleine Ortschaften. Überall ist spürbar, dass Land und Kommunen bei gemeinnützigen Leistungen verstärkt den Rotstift ansetzen - nicht zuletzt bei Kinder- und Jugendprojekten. Wenn man sich vor Augen führt, dass unser Bundesland Hessen wegen der gesetzlichen Schuldenbremse in den kommenden zehn Jahren knapp 3 Milliarden Euro einsparen muss, wird schnell klar, dass privates regionales Engagement für die Menschen immer wichtiger wird.

Wer mehr will und mehr verspricht, als er leisten kann, wird Enttäuschung und Frustration ernten. Keine Genossenschaftsbank kann sämtliche Missstände in ihrer Region beheben oder jeden Handlungsbedarf erfüllen. Manchmal muss man sich mit kleinen Schritten begnügen. Doch das schmälert die Motivation keineswegs. Denn "MitVerantwortung" ist ein kontinuierlicher, ausbaufähiger Prozess, der nicht irgendwo anfängt und irgendwann aufhört.

Nicht ganz neu, aber neu strukturiert

Das Engagement der Volksbank Mittelhessen wurde im laufenden Jahr unter dem neuen Dach - "MitVerantwortung" - gebündelt. Bewährtes wird selbstverständlich beibehalten. Der Name soll den Weg deutlich machen: Als Partner für die Menschen und Unternehmen in Mittelhessen will die Bank wie bisher mit Verantwortung planen, entscheiden und handeln, aber darüber hinaus auch Impulse setzen, die andere zu verantwortungsvollem Handeln einladen.

Ein beachtliches Fördervolumen von knapp 1 Million Euro und dazu viele Aktivitäten, die den Mitarbeitern oder den Unternehmen und Menschen im Geschäftsgebiet zugute kommen: Man muss kein Bürokrat sein, um dies alles in eine gewisse Ordnung bringen zu wollen. Gerade weil das Engagement der Bank langfristig ausgerichtet ist, wurden Regeln und Kriterien - zum Beispiel Regionalität - formuliert und Prioritäten gesetzt. Scheckbuchmentalität ist hier genauso fehl am Platz wie spontane, nach persönlichen Vorlieben getroffene Bauchentscheidungen.

"MitVerantwortung" konkret

Das gesellschaftliche Engagement der Volksbank Mittelhessen ruht auf sechs Säulen: Mitarbeiter, regionale Wirtschaft, Gesellschaft und Soziales, Bildung und Wissenschaft, Umwelt, Banking (siehe Abbildung). Diese Gliederung ist nicht willkürlich. Vielmehr ist sie das Ergebnis intensiver Überlegungen oder die Antwort auf bestimmte Fragen: Was entspricht unserem genossenschaftlichen Selbstverständnis? Was passt zu unserer Volksbank und ihren Aufgaben? Wo gibt es Gestaltungsspielräume, die wir nutzen können?

Weil hier am meisten bewirkt, rasch gehandelt und auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann, liegt der Fokus auf den Bereichen regionale Wirtschaft und Gesellschaft und Soziales. So sind seit mehreren Jahren die Aktivitäten für Firmenkunden, Ärzte und kommunale Entscheidungsträger im MittelstandsKolleg gebündelt. Unter dem Motto "Wissen macht stark, Praxis macht fit" wird konkrete Hilfe zur Selbsthilfe durch Informationsveranstaltungen, Themenkonferenzen und Workshops gegeben.

Gleiches gilt für die regionalen Förderwettbewerbe des Instituts. Unter dem Motto "Besser essen - leichter lernen" wurden Ideen rund um Ernährung und Bewegung prämiert, die Fördervereine und Kindertagesstätten eingereicht hatten. Über "Trikots für die Kleinsten" freuten sich beispielsweise 40 Handballmini- und Volleyballjugendmannschaften. Mit "Lesen macht Freu(n)de" stattete die Volksbank Mittelhessen 194 Schulbibliotheken mit frischem Lesestoff aus. Aktuell richtet sich "Menschen begeistern" an Vereine, die unsere Region mit Konzerten, Ausstellungen oder anderen kulturellen Highlights bereichern. Der "Förderpreis Handwerk 2010" belohnt Betriebe, die mit außergewöhnlichen Konzepten "Ausbildung mit Zukunft - Zukunft mit Ausbildung" bieten.

Diese Beispiele zeigen, was den Verantwortlichen des Instituts wichtig ist: kreative Maßnahmen zu initiieren, die sich am aktuellen Bedarf orientieren. Im Fokus stehen viel versprechende Aktionen, die den Menschen über den Tag hinaus zugute kommen. Das ist "MitVerantwortung".

Nicht anders verhält es sich mit allen Bereichen des gesellschaftlichen Engagements. So ist das Institut ein ausgezeichneter Arbeitgeber - die Volksbank Mittelhessen ist ein "Great Place to Work". Dabei wird Einsatzwillen und Lernbereitschaft erwartet. Die Volksbank Mittelhessen kooperiert mit Universitäten und Fachhochschulen und stellt eine hilfreiche Internetplattform (SAM - Student Account Manager) für Studenten bereit. Mit der "Volksbank Akademie" wurde in diesem Jahr sogar eine eigene Bildungsoffensive für Unternehmer, Privatleute und Schulklassen gestartet.

Bei den sechs Säulen des Engagements spielt das Thema Umwelt bisher die geringste Rolle. Dies hat mehrere Gründe. Generell wurde das Thema in der Bankenbranche lange Zeit vernachlässigt - nicht aus Ignoranz oder Unwillen, sondern weil andere Dinge im Vordergrund standen. Mittlerweile hat sich das geändert. Das ist auch gut so - und die Volksbank Mittelhessen ist hier ebenso aktiv. So werden nun beispielsweise bei Baumaßnahmen Umweltaspekte berücksichtigt. Hier soll künftig noch mehr getan werden - ohne dabei gleich zu einer "grünen Bank" zu werden. Vielmehr werden Alternativen gesucht, die umweltfreundlicher, praktikabel und bezahlbar sind. Solche Maßnahmen müssen wohl überlegt sein, um ihren Zweck zu erfüllen. Deshalb wird bei der Volksbank Mittelhessen sorgfältig geplant und eher in kleinen Schritten konsequent und zügig vorangegangen.

Doch im Grunde erfüllt die Volksbank Mittelhessen mit ihrem Kerngeschäft, dem Banking, eine gesellschaftliche Aufgabe - im Gegensatz zu manchen Konkurrenten. Das Institut ist verlässlicher Dienstleister für die Menschen und die Realwirtschaft der Region. Privatpersonen und Unternehmen werden mit fairen Krediten versorgt. Die Menschen und Betriebe erhalten die Möglichkeit, ihr Kapital sicher und rentabel anzulegen. Dabei handelt das Institut verantwortungsvoll und ist weder auf Steuergelder noch auf unlautere Wettbewerbsmethoden angewiesen. Da hat die Volksbank Mittelhessen - so wie alle genossenschaftlichen Kreditinstitute - anderen Banken im Hinblick auf gesellschaftliches Engagement schon einiges voraus. Trotzdem soll sich auch die Volksbank im Sinne von MitVerantwortung weiterentwickeln.

Im Zentrum stehen vor allem nachhaltige Geldanlagen. Leider fehlen bisher verbindliche Standards, die solche Investments eindeutig klassifizieren. Hier wäre mehr Klarheit wünschenswert. Doch einem Trend blindwütig nachrennen, um das Thema dann PR-wirksam belegen zu können, ist wenig sinnvoll. Bisher empfehlen die Berater des Hauses Angebote der Verbundpartner Schwäbisch Hall und R+V, die hier gute Produkte vorhalten, die zu recht als nachhaltig eingestuft werden und ethische Aspekte berücksichtigen. Doch als Universalbank kann sich die Volksbank Mittelhessen nicht auf solche Angebote beschränken.

Im Endeffekt handelt und investiert eine Genossenschaftsbank von Anfang an verantwortungsvoll, ethisch und nachhaltig: Die anvertrauten Spargelder fließen als Darlehen zurück in die Region. Gleiches gilt für die Gewinne, die erwirtschaftet werden.

Das gesellschaftliche Engagement der Bank ist kein Verkaufsargument, sondern resultiert aus ehrlichem Interesse an der Region. Deshalb sind alle Mitarbeiter neugierig, erkunden das Geschäftsgebiet und suchen immer wieder das Gespräch mit den Menschen. Kreative Ideen entwickeln sich außerhalb der Bank manchmal besser und schneller als am Schreibtisch. Daher ist es folgerichtig, dass die Volksbank Mittelhessen nicht nur mit einem gedruckten Bericht über ihr Engagement informiert. Vielmehr sollen die technischen Möglichkeiten genutzt werden, um auch online mit den Mitgliedern und Kunden zu interagieren.

Abgesehen von der "VolksDirektbank" und dem Mitgliederblog stecken die Social-Media-Aktivitäten aber noch in den Kinderschuhen. Aber die Möglichkeiten, virtuelle Treffpunkte und Marktplätze optimal mit den Zielen des Instituts zu verknüpfen, werden ausgelotet. Schon bald werden unter www.mitverantwortung.info interessant verpackte Informationen rund um die Region zu finden sein, die laufend aktualisiert und hoffentlich durch viele Beiträge der Websitebesucher angereichert werden. So sollen die Mitglieder künftig stärker in die Entscheidungen über Fördermaßnahmen der Bank einbezogen werden. Das heißt für die Verantwortlichen der Volksbank Mittelhessen "MitVerantwortung".

Authentisch, ehrlich - und nützlich

Bislang sind alle Versuche gescheitert, den geldwerten Nutzen von CSR-Aktivitäten in Euro und Cent zu messen. Gutes Gewissen gleich gutes Geschäft? lautet hier die Frage. Nicht nur Beispiele engagierter Unternehmen, sondern auch neuere Verbraucherstudien - etwa eine Umfrage von Emnid im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung im August 2010 - sprechen dafür, dass diese Gleichung tatsächlich aufgeht. Die Aktive Bürgerschaft, dem Kompetenzzentrum für Bürgerengagement der Volksbanken und Raiffeisenbanken in der genossenschaftlichen FinanzGruppe bestätigt diese Ergebnisse (siehe auch Beitrag auf Seite 34). Auch die Resultate der vom BVR initiierten Umfrage zum gesellschaftlichen Engagement, die sich im jüngst erschienenen Corporate-Citizenship-Bericht der genossenschaftlichen FinanzGruppe widerspiegeln, belegen diese These (siehe Beitrag auf Seite 28). Gute Zahlen im Jahr 2009 treffen auf ein Mehr an guten Taten.

Die neuen innovativen Kommunikationsformen beschleunigen dies zusätzlich. Zwar zählen nach wie vor in erster Linie eigene Erfahrungen und persönliche Beziehungen. Aber durch die Vernetzung mithilfe der neuen Medien können immer mehr Menschen erkennen, ob das Thema Engagement vorwiegend Marketingzwecken dient oder ob eine echte Überzeugung dahintersteht.

Die angesprochene Emnid-Studie zeigt auf, dass sich der Bewusstseinswandel zunehmend auch im Konsumentenverhalten niederschlägt. Das bringt für die Genossenschaftsbanken gute Zukunftsperspektiven mit sich. Zudem ist es ein schönes Beispiel dafür, dass anständiges Handeln und Erfolg keine Gegensätze sind, sondern gut miteinander harmonieren. Wenn man es will.

Erschienen am 08.10.2010

Bankinformation 10/2010