Die Volksbank Mittelhessen hat sich vor etwa zwei Jahren dazu entschieden, die Vertriebsstrategie der Bank konsequent in Richtung Multi-Kanal weiterzuentwickeln. Dabei verfolgt die Evolution von der Mehrkanal- hin zur echten Multi-Kanal-Bank klare Ziele: Kundenbindung durch Kundenzufriedenheit, Gewinnung kaufkräftiger neuer Zielgruppen, Kostenoptimierung und Vertriebssteigerung. Die strukturellen Voraussetzungen zur Umsetzung der Strategie sind bereits vorhanden. Denn den Kunden der Volksbank Mittelhessen steht bereits ein ganzer Strauß möglicher Kontaktwege zur Verfügung: die Filiale, das Telefonbanking, das Internet, sprich die öffentliche Homepage, das eBanking, die SB-Geräte, die Smartphone-App, der Live Chat auf der Homepage. Via Social Media, dem jüngsten Kanal, ist ebenfalls ein intensiver Dialog zwischen den Kunden und der Bank möglich. So betreibt die Volksbank Mittelhessen einen eigenen Twitter-Kanal sowie zwei Unternehmensblogs und ist auf XING sowie YouTube aktiv. Die Vertriebswege – in Abbildung 2 sind beispielhaft Filiale, Internet und Telefon aufgeführt – stehen teilweise noch unverknüpft nebeneinander.
Daher gilt es, vorhandene Vertriebswege zu optimieren, neue zu integrieren und schließlich alle Kanäle sinnvoll miteinander zu kombinieren. Denn die Kunden bewegen sich kaum noch auf nur einem Vertriebsweg. Multi-Kanal steht also für den integrierten, kanalübergreifenden Kontakt zwischen Bank bzw. Berater und Kunde, anschaulich erklärt mit einer sogenannten Customer-Touchpoint-Matrix.
„Die einfachen Lösungen sind meist die besten“
Um das vorhandene Potenzial zu heben, sollte das bereits bestehende Angebot im Rahmen einer Kampagne einer breiten Kundenbasis bekannt gemacht werden. Dabei definierte die Bank drei wesentliche Handlungsfelder in Form der folgenden Fragestellungen:
- Wie schafft es die Bank, die Kanalnutzungsquote, die Wahrnehmung des Services, die Aktivierung neuer VR-NetKeys und letztlich die Produktabschlüsse zu steigern und dabei gleichzeitig Neukunden anzusprechen?
- Wie können bestehende und potenzielle Kunden den Multi-Kanal-Service der Volksbank einfach und unverbindlich ausprobieren und die Bank so erleben, wie sie auch im Tagesgeschäft ist?
- Wie erreicht die Bank eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema und damit einen höheren Kommunikations- und Erinnerungswert?
Getreu dem Motto „Die einfachen Lösungen sind meist die besten“ wurde in Zusammenarbeit mit einer regionalen Agentur ein Gewinnspiel entwickelt, das diese Anforderungen in vollem Umfang erfüllte. Das Konzept vereinte zwei Besonderheiten: die beliebte Rubbellos- Mechanik (analog und digital) und die Tatsache, dass beinahe alle Kanäle integrierbar waren.
Gewinne auf allen Kanälen
4.100 Preise – von der Traumreise bis zum neuen Apple iPad – wurden ausgeschrieben. Die Spielregeln waren schnell erläutert: Jeden Tag gab es pro Kanal, den Live-Chat ausgenommen, zwei Rubbellose. Ob Mitglied, Kunde oder Nichtkunde, jeder konnte mitmachen und maximal 14 Lose pro Tag erhalten. Unter jedem Rubbelfeld befand sich entweder ein Symbol für einen der acht Kanäle oder ein Sofortgewinn. Ziel war es, acht Symbolpaare zu sammeln, für jeden Kanal zwei gleiche Lose. Die freigerubbelten Lose ließen sich ganz einfach per Los-Code über ein kostenloses Los-Konto auf der Homepage der Volksbank Mittelhessen www.vb-mittelhessen.de/multikanal registrieren. Ab dem ersten registrierten Paar war bereits ein Gewinn möglich. Mit acht Paaren hatten die Teilnehmer die achtfache und damit maximale Chance auf einen der vielen Preise. Zudem versprach die Bank bei voller Paarzahl zwei Kinogutscheine als Bonusgeschenk.
Interne Prozessgestaltung als größte Herausforderung
Als komplexe Aufgabe im Rahmen der Konzeptionierung erwies sich die sinnvolle Verknüpfung aller Kanäle, denn der Teilnehmer sollte auf jedem Kanal seine bereits freigerubbelten Losen wiederfinden. So war es denn auch die interne Prozessgestaltung, die ein Großteil der Entwicklungszeit beanspruchte. Umfassende Tests stellten sicher, dass die Systematik in allen Punkten funktionierte. Erst nach dem erfolgreichen Abschluss eines finalen Stresstests startete die Bank die Kampagne. Dabei wurde sowohl über klassische als auch über digitale Medien und Kanäle kommuniziert. Als besonders aufmerksamkeitsstark erwiesen sich, neben der eigens programmierten Landeseite, vor allem die Werbung auf den Geldautomaten sowie im eBanking. Während der gesamten Laufzeit des Gewinnspiels von beinahe sieben Wochen wurden dort täglich neue Los-Codes gezeigt, die den Zugriff auf neue Lose ermöglichten. Via Twitter erzählte die Bank kurze Geschichten rund um den aktuellen Loscode. Doch die erfolgreichste Online-Werbemaßnahme waren In-Stream-Anzeigen auf der Plattform YouTube. Diese erschienen als Werbespot vor oder während der Wiedergabe eines YouTube-Partnervideos.
Begeisterung bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
Besonderen Wert legten die Verantwortlichen auf die intensive Information und Vorbereitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Letztlich basieren das gute Ergebnis der Kampagne und die reibungslose Organisation der notwendigen Prozesse auf der nachhaltigen Begeisterung der eigenen Mannschaft. So wurde neben der Kurzversion des Erklärvideos eine weitere filmische Erläuterung zum Umgang mit der internen Datenbank produziert. Umfangreiche Fragen-Antworten-Kataloge und regelmäßige Informationen im Intranet bereiteten die Kolleginnen und Kollegen optimal vor. Auf großes Interesse stieß eine Multi-Kanal-Roadshow in den Regionen und Abteilungen, organisiert und durchgeführt durch die Verantwortlichen der Bereiche Unternehmenskommunikation sowie Vertriebs- und Produktmanagement. Die beteiligten Damen und Herren veranstalteten im gesamten Geschäftsgebiet der Volksbank Mittelhessen Informationsmessen, um bei Markt- und Stabsmitarbeitern für die Unterstützung der Kampagne zu werben.
12.486 Teilnehmer innerhalb von sieben Wochen
Am 24. September 2012 startete das Multi-Rubbellos-Gewinnspiel, der 9. November 2012 war der letzte Spieltag. Innerhalb dieser sieben Wochen entschieden sich 12.486 Menschen für die Teilnahme, eine beachtliche Zahl gemessen an vergleichbaren Kampagnenerfolgen. Über den gesamten Aktionszeitraum hinweg wurden pro Tag fast 300 Loskonten eröffnet. Diese Zahl blieb bis zum Ende relativ konstant. Eine vorzeitige Sättigung ist also zu keiner Zeit eingetreten. Im Gegenteil: Rund ein Drittel der Teilnehmer waren Nichtkunden, die im Zuge der Kommunikationsmaßnahmen auf die Volksbank Mittelhessen und die Multi-Rubbellos-Aktion aufmerksam wurden. 377.436 Lose wurden bei der Volksbank Mittelhessen eingereicht, das macht etwa 30 Lose pro Teilnehmer. Mehr als 60 Prozent der Spieler sammelten alle Lospaare und konnten damit ein komplettes Loskonto vorweisen. Mit einem dermaßen starken „Jäger und Sammler“-Instinkt hatte keiner der Verantwortlichen gerechnet. 7.652 Spieler hatten Anspruch auf zwei Kinogutscheine. 15.304 Gutscheine zu je 5 Euro wurden also persönlich unterzeichnet und versendet.
Es hat sich gelohnt
Der Aufwand hat sich ausgezahlt! 4.034 potenzielle Kunden verbinden mit der Volksbank Mittelhessen positive Eindrücke, 7.531 Kunden haben die Bank von einer neuen, modernen Seite kennengelernt. Im Schnitt dauerte es etwa ein bis zwei Wochen, bis ein Teilnehmer seine Lospaare vervollständigt hatte. Das heißt zwei Wochen, in denen starke Aufmerksamkeit und mehrere positive Kontakterlebnisse generiert wurden. Die drei im Vorfeld definierten Kernherausforderungen wurden mit Bravour gemeistert. Insbesondere die Nutzungsquote digitaler Kanäle konnte erheblich gesteigert werden. Unmittelbare Auswirkungen zeigten sich in einer signifikanten Erhöhung der Abschlussquote im eBanking. Heute entspricht das Volumen der Abschlüsse in den im eBanking angebotenen Produkten beinahe dem eines ganzen Regionalmarktes. Gleichzeitig verzeichnete die Bank einige erfreuliche Nebeneffekte wie zum Beispiel die Verdopplung der durchschnittlichen Verweildauer auf der Homepage www.vb-mittelhessen.de oder auch die deutliche Ausweitung der Follower-Zahl auf Twitter.
Ein Blick in die Zukunft
Die strategische Entscheidung zur Schaffung eines echten Multi-Kanal-Angebotes ist getroffen. Nun gilt es, die Multi-Kanal-Fähigkeit nicht nur in Teilen, sondern für alle Bereiche der Volksbank Mittelhessen herzustellen. Dies ist in erster Linie eine strukturelle und organisatorische Herausforderung. Dabei kommt der integrierten Vernetzung der Vertriebs- und Kommunikationswege die herausragende Bedeutung zu. Der kulturelle Aspekt, also die Verankerung der neuen vertrieblichen Ausrichtung im Denken und Handeln aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wird ein maßgeblicher Erfolgsfaktor sein. Zu Beginn dieses Jahres wurde ein Projekt aufgelegt, das sowohl den technischen als auch den kulturellen Wandel antreibt. Wertvolle Erkenntnisse aus der abgeschlossenen Kampagne fließen dabei in die Planungen mit ein.
Fazit
Mit dem BVR-Projekt KundenFokus 2015 und der in diesem Rahmen geplanten Verknüpfung von webErfolg und Beratungsqualität sind wir und die gesamte Genossenschaftliche FinanzGruppe auf dem richtigen Weg! Ein weiterer wichtiger Schritt ist die geplante bundesweite Umsetzung der hier vorgestellten Multi-Kanal-Kampagne. Eine institutsübergreifende Projektgruppe entwickelt derzeit eine skalierbare Version des Marketingkonzeptes, das allen deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken im nächsten Jahr durch den BVR zur Verfügung gestellt wird.
Quelle: marketing intern, Ausgabe 03/2013
Erschienen am 17.09.2013