Starke Kundenbindung nicht allein über Bankprodukte

Wie man als eine regional agierende Bank erfolgreich Kunden an sich binden kann und warum sich sein Haus im Estate Planning engagiert, erläutert Dr. Peter Hanker, Vorstandssprecher der Volksbank Mittelhessen, im Gespräch mit dem BANKMAGAZIN.

BANKMAGAZIN: Herr Dr. Hanker, das Geschäftsgebiet der Volksbank Mittelhessen teilt sich aufgrund seines Umfangs in die Regionalmärkte Gießen, Wetterau, Marburg und Wetzlar-Weilburg auf. Wie schaffen Sie es, dass die Ansprache der Kunden vor Ort bei einem derart großen Einzugsgebiet trotzdem gezielt und persönlich bleibt?

Hanker: Als regional aufgestellte Bank ist die Volksbank Mittelhessen im gesamten Geschäftsgebiet stark verwurzelt. Das beweisen schon die mehr als 15.000 Besucher unserer 43 regionalen Mitgliederversammlungen in diesem Jahr. Daran hat also das deutliche Wachstum des Hauses auf die heutige Größe nichts geändert. Im Gegenteil! Seit mehr als 150 Jahren arbeiten hier Menschen aus der Region für die Menschen der Region. Kunde und Berater sprechen die gleiche Sprache, wohnen womöglich sogar im gleichen Ort und begegnen sich auf Augenhöhe. So bleibt die Ansprache immer persönlich und die Nähe erhalten. Die 1.510 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen ihre Heimat und fühlen sich Mittelhessen sehr verbunden.

BANKMAGAZIN: Wie wir erfahren haben, baut die Volksbank derzeit ihren Geschäftsbereich Nachfolge- und Erbschaftsplanung aus. Wer ist Zielgruppe und wie sprechen Sie Ihre Kunden konkret auf dieses sensible Thema an?

Hanker: Estate Planning, also die vorausschauende Planung der eigenen Nachfolge, sehen wir als ergänzende, wichtige Dienstleistung im Rahmen eines ganzheitlichen Beratungsprozesses. Dabei konzentrieren wir uns auf vermögende Kundinnen und Kunden sowohl aus dem privaten als auch aus dem Firmensegment. Im Zuge unserer derzeitigen Kampagne gemeinsam mit der DZ Privatbank zum Vermögensmanagement legen wir sogar einen vertrieblichen Schwerpunkt auf die Klientel der Firmenkunden. Denn hier stellt sich die Situation der Übertragung von betrieblichem und privatem Vermögen häufig noch anspruchsvoller dar. Aktiv angesprochen werden insbesondere Kunden ab einem Alter von rund 55 Jahren. Das heißt nicht, dass das Thema Estate Planning erst hier relevant wird, doch wir müssen die Kernzielgruppe einfach eingrenzen. Zu dieser gehören außerdem Vermögende ohne direkte oder mit minderjährigen Erben, Patchworkfamilien und im unternehmerischen Umfeld der gesamte Mittelstand sowie Familienunternehmen. Sehr gute Erfahrungen haben wir mit dem Marketinginstrument Veranstaltungen gemacht. Hier stellen wir dem Publikum eine entscheidende Frage: „Wissen Sie, was mit Ihrem Vermögen und der Versorgung Ihrer Lieben geschehen würde, wenn Sie gestern verstorben wären?“ Nach dieser essentiellen Frage wird es oft mucksmäuschenstill im Publikum, denn die meisten können hier nicht mit „ja“ antworten. Organisatorisch haben wir Estate Planning in den Prozess der strategischen Vermögensplanung eingebunden. Zwei zertifizierte Berater werden bei Bedarf von den Vermögensmanagern hinzugezogen und erarbeiten die individuelle Studie für den Kunden.

BANKMAGAZIN: Welchen Anteil hat der Bereich Nachfolge- und Erbschaftsplanung bisher am Gesamtgeschäft Ihres Instituts?

Hanker: An nackten Zahlen gemessen hat Estate Planning einen verschwindend geringen Anteil am Gesamtgeschäft der Volksbank Mittelhessen. Zwei Estate Planner fertigen derzeit – übrigens auf Honorarbasis – rund 70 qualifizierte Studien pro Jahr an. Unser vorrangiges Ziel ist hier nicht die Umsatzgenerierung, sondern allein die Festigung der Kundenbeziehung. Eine umfassende und langfristig ausgerichtete strategische Vermögensberatung muss aus unserer Sicht auch die Frage der Nachfolge beinhalten. Außerdem haben wir mit Estate Planning ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen, mit dem wir uns sehr erfolgreich vom Wettbewerb abheben.

BANKMAGAZIN: Welchen Stellenwert soll die Nachfolge- und Erbschaftsplanung in der Volksbank Mittelhessen im Jahr 2015 einnehmen?

Hanker: Bereits heute ist der Stellenwert sehr hoch. Diese Dienstleistung bewerten wir allein aus dem Blickwinkel der langfristigen Kundenbindung. Sicher werden wir unsere Expertise bedarfsgerecht weiter ausbauen. Denn auch künftig wollen wir durch eine aktive Ansprache auf das Thema aufmerksam machen.

BANKMAGAZIN: Welche Produkte werden von den Kunden bei der Nachfolge- und Erbschaftsplanung besonders nachgefragt und warum?

Hanker: Estate Planning vereint steuerliche, rechtliche und wirtschaftliche Fragestellungen. In den beiden ersten Fachbereichen legen wir gemeinsam mit dem Kunden die Strategie fest und begleiten ihn durch den gesamten darauf folgenden Umsetzungsprozess. Steuerberater und Rechtsanwalt stehen dem Kunden hier fachlich zur Seite. Unsere Kernkompetenz liegt in der wirtschaftlichen Beratung. Hier setzen wir an und betrachten die möglichen Szenarien der optimalen Vermögensübertragung. Die Produktauswahl ist dabei so individuell wie die Situation des Kunden mit seiner konkreten Vermögensstruktur. Grundsätzlich steht hier eine sehr weit gefächerte Produktpalette zur Verfügung.

BANKMAGAZIN: Alle volljährigen Mitglieder der Volksbank Mittelhessen können Ihr mehr&wert-Programm nutzen. Bitte skizzieren Sie kurz die wichtigsten Eckdaten des Programms.

Hanker: Mehrhaber, das sind die Nutzer unseres mehr&wert-Programms, profitieren von besonderen Service und Zusatzleistungen, die für sie exklusiv erarbeitet werden. Seit der Auflegung im Jahr 2004 konnten wir rund 50.000 Mitglieder der Volksbank Mittelhessen mitsamt deren Familienangehörigen als Mehrhaber gewinnen. Ziel dieses Instruments ist in erster Linie die Erhöhung der Kundenbindung durch eine gesteigerte Identifikation mit der eigenen Bank. Denn die erlebbaren emotionalen und monetären Mehrwerte stärken die Verbundenheit und Loyalität.

BANKMAGAZIN: Welche Leistungen und Veranstaltungen bietet Ihr Haus mit seinen Partnern im Rahmen des Mehrwertkonzeptes an und welche sind am beliebtesten?

Hanker: Dazu gehören zum Beispiel ein Ticket- und Reiseservice, ein Schlüsseldienst oder auch vergünstigte Eintrittspreise zu Konzerten und Theateraufführungen. Außerdem organisiert das mehr&wert-Team regelmäßig Veranstaltungen, zu denen unsere Mehrhaber eingeladen werden. Von kulinarischen über kulturelle Angebote zu gemeinsamen Familienausflügen – das Angebot hat immer den regionalen Bezug, ist vielfältig und so gestaltet, dass für jeden etwas dabei ist. Dazu genießen unsere Mehrhaber bei ausgewählten Bankdienstleistungen finanzielle Vorteile. So gibt es Beispielsweise unsere Bildkarte zu einem vergünstigten Preis oder auch die erste Rate beim neuen Bausparvertrag erstattet. Zweimal jährlich erscheint ein Magazin mit Berichten zu allen angebotenen Leistungen. Außerdem betreiben wir das MehrhaberBlog. Besonders die Rückblicke mit Bildern und Kommentaren werden gerne angeklickt. Wenn Sie nach den beliebtesten Aktionen fragen, lässt sich das bei einem ständig aktualisierten Programm schwer sagen. Mit seiner jahrelangen Erfahrung schafft es unser Team, in allen Kategorien eine tolle Kundenresonanz zu erzeugen. Wir versuchen, alle Geschmäcker zu treffen, und sind damit sehr erfolgreich.

BANKMAGAZIN: Warum zielt ein großer Teil der Mehrhaber-Veranstaltungen auf die privaten Interessen der Kunden und beschäftigt sich nicht mit Bankthemen?

Hanker: Die Teilnehmer des Programms sind gleichzeitig Mitglieder, also Teilhaber der Volksbank Mittelhessen. Entsprechend hoch ist bereits deren Identifikation mit der eigenen Bank. Mit unseren Leistungen bieten wir den Mehrhabern einen sozialen, emotionalen, praktischen und finanziellen Mehrwert und erhöhen so die bereits vorhandene Bindung. Eine emotional starke Beziehung erreichen Sie nicht allein über tolle Bankprodukte - da müssen Sie schon mehr bieten!

BANKMAGAZIN: Wie schützen Sie Ihre Kunden beim Online-Banking?

Hanker: Gerade haben wir unser Online-Banking auf das moderne mobile-TAN- oder alternativ das Sm@rt-TANplus-Verfahren umgestellt. Damit wird das klassische, aber überholte iTANVerfahren endgültig abgelöst. Sowohl mobileTAN als auch Sm@rt-TAN sind besonders sicher, weil zwei voneinander unabhängige Medien, also Computer und Handy bzw. der TAN-Generator, kombiniert werden. Außerdem ist jede TAN einer bestimmten und nachprüfbaren Transaktion zugeordnet.

BANKMAGAZIN: Was macht Ihr Haus zu einem guten Arbeitgeber?

Hanker: Als drittgrößte Volksbank Deutschlands bieten wir unseren Angestellten ausgezeichnete Arbeitsbedingungen. Wichtige Aspekte wie die Bezahlung, freiwillige Sozialleistungen, Gesundheitsförderung, Arbeitsausstattung und Zeitflexibilität sind vorbildlich. Dazu legen wir großen Wert auf eine erlebbare Nähe zur Führung. Wir fördern die Identifikation mit der eigenen Tätigkeit und sind alle sehr stolz auf unser Unternehmen. Ein transparentes Zielsystem macht Erfolg sichtbar und sorgt für eine klare Orientierung. So schaffen wir eine angenehme Arbeitsatmosphäre.

Erschienen am 05.07.2011

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