Gießen (si). Die Volksbank Mittelhessen bilanziert für 2011 ein weiteres Rekordjahr. Mit 53 Millionen Euro (vor Steuern) erwirtschaftet sie den höchsten Gewinn ihrer mehr als 150-jährigen Geschichte – noch einmal knapp drei Millionen Euro mehr als in dem bislang besten Geschäftsjahr 2010.
Dazu beigetragen haben alle Bereiche der genossenschaftlichen Bank. Erfolgreich war sie vor allem wieder in ihrem Kerngeschäft, Geld günstig einzusammeln und dann über Kredite teurer zu verleihen. Darüber hinaus konnte sie ihre Kosten unterm Strich stabil halten, in Teilbereichen sogar senken. Die Volksbank sei in einem »teils schwierigen Marktumfeld respektabel gewachsen«, sagte Vorstandssprecher Dr. Peter Hanker am Dienstagabend auf der Mitgliederversammlung in der Kongresshalle, auf der er die Eckdaten der Bilanz vorlegte. Anschließend sprach der Journalist und Buchautor Dr. Franz Alt zum Thema »Nachhaltigkeit braucht erneuerbare Energien«. Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Hans Günther Horn hatte die 500 Gäste begrüßt.
Mit einer Bilanzsumme von jetzt 5,985 Milliarden Euro (plus 0,22 Mrd.) bleibt die Volksbank Mittelhessen mit großem Abstand das größte regionale Geldinstitut, bundesweit kommt sie damit auf Platz drei. Gemessen an den Mitgliedern ist sie sogar die größte deutsche Volksbank. Die Mitgliederzahl stieg erneut, wenn diesmal auch nur im Promillebereich, auf knapp 180 000. Sie profitieren von dem guten Geschäftsergebnis über die – stabile – Dividende. Nach dem Vorschlag des Vorstandes sollen die Eigentümer wie in den Vorjahren sieben Prozent auf ihre Einlagen erhalten – ein Mehrfaches von dem, was sich am Markt derzeit mit langlaufenden und ähnlich sicheren Anleihen erzielen lässt (Neumitglieder können derzeit Anteile bis zu einem Nennwert von 250 Euro zeichnen). Förmlich zustimmen muss noch die Vertreterversammlung, die am 8. Mai tagt. Sie erhält neue Mitglieder, die ersten wurden am Dienstag gewählt.
Freuen über das gute Geschäftsergebnis können sich auch wieder die Mitarbeiter, sie dürfen mit einer Sonderzahlung rechnen. Die Gesamtzahl der Beschäftigten ging leicht auf knapp 1500 zurück, dadurch sanken auch die Personalkosten.
Vom Gewinn führte die Volksbank 25 Millionen Euro an Ertragssteuern ab, dreimal so viel wie im Jahr zuvor. Knapp die Hälfte (11,6 Mio. Euro) flossen an die Städte und Kommunen im Geschäftsgebiet, das die Kreise Gießen, Lahn-Dill, Limburg-Weilburg, Marburg, Vogelsberg und Wetterau ganz oder in großen Teilen umfasst. Vereine sowie soziale und gemeinnützige Einrichtungen unterstützte die Bank mit einer Gesamtsumme von über 1,1 Millionen Euro. Deutlich zurück ging im Vorjahr die Zahl der Geschäftsstellen, von 123 auf 102. Hanker räumte ein, dass die Volksbank dafür »hier und da« kritisiert worden sei. Er verteidigte die Entscheidung als »betriebswirtschaftlich notwendig«. Geschlossen wurden Kleinstfilialen vor allem im Raum Wetzlar.
Der größte Teil des Gewinns wandert erneut in die Rücklagen. Damit stärkt die Bank ihr Sicherheitspolster und schafft die Voraussetzungen, um noch mehr Kredite vergeben zu können. Das (bilanzielle) Eigenkapital beläuft sich jetzt auf 523 Millionen Euro. Hanker sprach von einer »exzellenten Risikotragfähigkeit«. Die Volksbank erfülle schon jetzt in weiten Teilen die verschärften Eigenkapitalvorschriften von »Basel III«, die ab 2016 in Kraft treten.
Die Kundeneinlagen stiegen weiter und lagen erstmals (knapp) über fünf Milliarden Euro. Kredite vergab das Haus in einer Gesamthöhe von 3,67 Milliarden Euro (plus 0,15 Mrd. Euro). Knapp über die Hälfte ging an Firmenkunden, der etwas kleinere Teil an Privatkunden. Abschreiben musste die Bank 13,9 Millionen Euro, fast genauso viel wie im vergangenen Jahr. Der im Langzeitvergleich relativ niedrige Wert spiegelt die robuste Konjunktur wider.
Die Veranstaltung bildete den Auftakt zu 42 weiteren Mitgliedertreffen, die in den kommenden Monaten im gesamten Geschäftsgebiet stattfinden. In Marburg (9. Februar) und Wetzlar (8. März) spricht die Theologin Prof. Margot Käßmann (»Was wirklich zählt. Christliche Werte in unserer Gesellschaft«). Nach Friedberg (5. März) kommt der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Er spricht – wie im Vorjahr in Gießen – über »Die Krise als Zäsur. Regeln für den globalen Kapitalismus«.
Erschienen am 19.01.2012, Gießener Allgemeine Zeitung